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Die wohl anstrengendste Woche des Jahres in Rio de Janeiro liegt hinter uns – der Karneval. Nun wird es Zeit, einen kleinen Blick hinter die Kulissen zu werfen. Ich erzähle dir heute aus meiner Perspektive, was diese Woche für Rio de Janeiro und seine Einwohner eigentlich bedeutet und womit diese Stadt so gerne in Verbindung gebracht wird.

Die Wahrheit hinter Samba, Karneval und Co. in Rio de Janeiro!

Dabei werde ich heute mit drei Vorurteilen aufräumen, die mich anfangs auch begleitet haben und die sicherlich jeder Brasilien-Urlauber ganz fest im Kopf verankert hat.

1. Brasilien und Samba: immer und überall?

Jeder meiner Gäste dachte, in Brasilien geht sprichwörtlich die Post ab. Überall sieht man tanzende Frauen in bunten Sambakostümen und an jeder Ecke wird ausgelassen gefeiert, und zwar das ganze Jahr über.

Nein, da muss ich dich leider enttäuschen. Natürlich sind die Brasilianer sehr offen, kommunikativ und strahlen Lebensfreude aus. Dennoch heißt das nicht, dass hier 24 Stunden am Tag getanzt wird. Es gibt in vielen Restaurants Livemusik zum Abend und vielleicht schwingt auch einer der Gäste mal das Tanzbein. Aber Karneval ist Karneval und wird hier nur eine Woche lang auf den Straßen mit üppigen und bunten Kostümen gefeiert.

Beim nächsten Brasilien Urlaub kannst du dein Kostüm also getrost daheim im Schrank lassen 😉

2. Der Karneval in Rio de Janeiro – ein Muss für jeden Urlauber?

Zunächst einmal muss ich sagen, dass ich kein Karnevalsfan bin. Weder in Deutschland noch in Rio de Janeiro. Und mich macht es umso trauriger, besonders bei diesem Punkt hinter die Kulissen zu schauen.

Karneval bedeutet in Rio de Janeiro, dass alle großen Sambaschulen gegeneinander antreten. Es ist eigentlich kein Fest, sondern vielmehr ein Wettbewerb unter den Sambaschulen. Und für viele zählt nur der Gewinn, alle anderen Platzierungen bedeuten Trauer und Verlust.

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Ich habe mir selbst einmal einen Eindruck vom bunten Treiben rund um das Sambódromo gemacht. Allerdings habe ich nicht inmitten des Publikums gesessen, sondern Wasser und Fächer zur Erfrischung und mit aufmunternden Worten verteilt. Denn was viele nicht wissen, Karneval ist für die meisten Teilnehmer eine absolute Aufopferung. Und ich habe unheimlich viele Tränen fließen sehen.

Du fragst dich warum? Ja, pro Sambaschule nehmen hunderte, wenn nicht gar tausende Tänzer teil. Die meisten von denen leben in eher armen oder einfachen Verhältnissen und sparen das gesamte Jahr darauf, sich das eigene Kostüm überhaupt leisten zu können. Ja, richtig – jeder Teilnehmer zahlt sein Kostüm selbst und bekommt keinerlei finanzielle Unterstützung, denn schließlich ist es ja eine Ehre, teilnehmen zu dürfen.

Am Ende der 90 Minuten, die jede Sambaschule für den Durchzug durch das Sambódromo hat, flossen bei vielen die Tränen, da womöglich etwas schief gelaufen ist. Mal abgesehen davon, dass sie stundenlang nichts getrunken und gegessen hatten. Das hat mein Herz sehr berührt und das ist die Seite, die wohl keiner der Besucher auf den Tribünen wahrnimmt oder sich gar im geringsten vorstellt.

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3. Sommer, Sonne, Strand und Meer – Brasilien, ein Land der Träume?

Ja ich muss zugeben, dass Brasilien ein wunderschönes Land mit vielen Facetten ist. Vom Norden bis zum Süden kannst du vielerlei Kulturen und Einflüssen begegnen und auch die Natur ist total unterschiedlich. Das macht dieses Land sehr spannend und für Touristen attraktiv.

Doch die warmen Temperaturen und das Leben am Meer können eigentlich nur die wenigsten Einheimischen genießen. Wer in Rio de Janeiro leben will, muss sich auf hohe Kosten für Mieten, Lebensmittel oder das eigene Auto etc. gefasst machen. Darum arbeiten die Brasilianer viel und oftmals in zwei oder drei Jobs gleichzeitig. Noch dazu kommt die derzeitige Wirtschaftskrise, die das Leben hier nicht einfacher macht.

Brasilien – ein Land voller Träume und Sehnsüchte

Diese drei Wahrheiten charakterisieren natürlich nicht das gesamte Volk und das Leben am Zuckerhut unterscheidet sich auch sehr von dem auf dem Land.
Aber es ist vielmehr mein persönlicher Eindruck dieser wundervollen Nation und der echte Blick hinter die Kulissen eines Volksfestes oder dem Lifestyle in Brasilien.

Ich bin mir sicher, dass wenige, die sich die aufwendig gestalteten Kostüme anschauen, auch nur kurz an den Menschen dahinter denken.

Wer mehr vom Leben in Brasilien und in den Favelas lesen möchte, kann sich in meinem Artikel zu diesem Thema schlau machen und auch aus der Ferne ein Kind und seine Familie unterstützen.