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Zika-Virus: Wie fühlt man sich als Schwangere in Brasilien?

Sophia aus München ist schwanger mit ihrem ersten Kind - und lebt in Brasilien, wo gerade das Zika-Virus grassiert. Wir haben gefragt, wie sie mit der Bedrohung umgeht.

Sophia Martins do Rio Moreira ist glücklich verheiratet, schreibt mit ihrer Freundin Jaqueline das Mama-Blog "style. pray. love." - und sie erwartet im Sommer ihr erstes, heiß ersehntes Kind.

Also ist eigentlich alles perfekt - doch Sophia lebt in Rio de Janeiro. Und Brasilien ist das Land, das am stärksten vom Zika-Virus betroffen ist, jenem Erreger, der durch Mücken übertragen wird und der vermutlich bei ungeborenen Kindern zu Mikrozephalie, einer Fehlbildung des Schädels, führen kann.

Die WHO hat wegen der rasanten Ausbreitung des Zika-Virus' den Gesundheitsnotstand ausgerufen, Schwangeren wird davon abgeraten, in die betroffenen Gebiete zu reisen.

Wie fühlt man sich, wenn man ausgerechnet an diesem Ort zum ersten Mal schwanger wird? Darüber hat MOM-Redakteurin Michèle Rothenberg mit der 29-jährigen Münchnerin gesprochen.

Sophia, warst du schon schwanger, als du vom Ausbruch des Zika-Virus erfahren hast?

Ja, das war ich. Ich habe erst einen Monat später, im Dezember, von dem Virus erfahren. Und, dass es weit mehr als eine harmlose Virusinfektion zu sein scheint, die erhebliche Auswirkungen auf ungeborene Babys haben kann.

Wenn du davon schon gewusst hättest - hätte es eure Familienplanung beeinflusst?

Ich weiß nicht, ob es mich beeinflusst hätte, das genaue Timing wahrscheinlich schon. Ich denke, wir hätten unseren Kinderwunsch ein wenig nach hinten verschoben, bis wirklich geklärt ist, woher die Mikrozephalie kommt.

Wie groß ist deine Angst - machst du dir Sorgen um dein Baby?

Ich versuche, mir nicht so viele Sorgen zu machen. Denn ich denke nicht, dass Ängste mir die Schwangerschaft erleichtern. Ich schütze mich so gut wie möglich und versuche, immer auf dem Laufenden zu bleiben, was die neusten Entwicklungen und Forschungen anbelangt.

Willst du trotzdem in Brasilien bleiben?

Natürlich gibt es die Überlegung, nach Deutschland zu fliegen, allerdings steht die bei mir eher im Zusammenhang mit der Geburt. Hier in Brasilien bekommen mehr als 80 Prozent der Frauen einen Kaiserschnitt - oftmals, ob sie wollen oder nicht.

Mein Wunsch ist das jedenfalls nicht und ich würde mich zu Hause in Deutschland natürlich wohler fühlen. Das Zika-Virus kommt dann noch verstärkend hinzu und beeinflusst die Entscheidung ebenfalls. Doch wenn ich nach Deutschland käme, wäre ich von meinem Mann mindestens vier Monate getrennt. Er ist Deutschlehrer hier in Rio de Janeiro und kann seine Schulklassen nicht mitten im Schuljahr abgeben. Außerdem wäre er vielleicht nicht rechtzeitig zur Geburt unseres Babys in Deutschland.

Große Liebe: Sophia ist mit Ivan vor ein paar Jahren nach Rio de Janeiro ausgewandert. Über ihr Leben dort schreibt sie auch auf ihrem Blog "style. pray. love."
Große Liebe: Sophia ist mit Ivan vor ein paar Jahren nach Rio de Janeiro ausgewandert. Über ihr Leben dort schreibt sie auch auf ihrem Blog "style. pray. love."
© privat

Wie hat dein Umfeld auf deine Schwangerschaft reagiert?

Grundsätzlich haben sich alle darüber gefreut, dass wir Nachwuchs erwarten. Für mich ist es ja zudem das erste Kind. Wir freuen uns riesig und lassen uns nicht von den Sorgen beeinflussen. Trotzdem hat vor allem meine Familie aus Deutschland besorgt reagiert, denn in Europa scheint das Zika-Virus gerade die Medien zu beherrschen. So haben sich meine Familie und Freunde schon über alle Möglichkeiten, wie ich zurückkommen kann, informiert - das finde ich wirklich lieb und süß.

Was sagt denn deine Ärztin dazu?

Natürlich wissen die Ärzte von den Gefahren des Zika-Virus und versuchen alle werdenden Mamas zu beruhigen. Allerdings tappen auch viele von ihnen im Dunkeln und wissen keine hundertprozentige Hilfe. Meine Ärztin hat sehr lieb versucht, mich zu beruhigen. Solange ich keinerlei Symptome habe, ist keine Gefahr in Sicht. Und ab dem 2. Trimester, in dem ich mich ja schon befinde, sind Stiche der Zika-Mücke weitaus weniger gefährlich für das Ungeborene als im ersten Trimester. Das besagen zumindest die bisherigen Studien.

Wie versuchst du dich zu schützen? Geht das überhaupt?

Ich benutze Mückenschutzmittel als Creme oder Spray und trage lange Kleidung, so gut das eben mit der Hitze hier möglich ist. Außerdem ist die Mücke wohl vor allem am Morgen sehr aktiv und dann gilt eben besondere Vorsicht. Ansonsten meide ich Orte mit schlechten hygienischen Bedingungen.

Leider hören wir hier, dass die meisten Zika-Virus-Fälle in den armen Regionen, den Favelas, auftreten. Dort gibt es viele ungewollte Wasserreserven, zum Beispiel in Reifen oder Tonnen, Töpfen, Eimern. Das sind optimale Brutplätze für die Mücken. Daheim haben wir unsere Wohnung mit diesen Duftsteckern gegen Insekten ausgestattet - und bis zu uns in den 22. Stock schaffen es die Mücken sowieso selten.

Kampf gegen die Mücke: Mit Insektengift versuchen Brasiliens Behörden, die Bevölkerung zu schützen.
Kampf gegen die Mücke: Mit Insektengift versuchen Brasiliens Behörden, die Bevölkerung zu schützen.
© Mario Tama/Getty Images

Wie man liest, steigt die Zahl der Abtreibungen in Brasilien. Wäre das etwas, worüber du nach einem Stich nachdenken würdest?

Davon habe ich noch nichts gehört. Abtreibungen sind in Brasilien verboten. Aber vielleicht liegt die Dunkelziffer von illegalen Abtreibungen hier in Brasilien aktuell in einem höheren Bereich als sonst.

Nach einem Stich würde ich niemals einfach so mein Baby abtreiben. Es gibt auch infizierte Mütter, bei denen sich das Zika-Virus nicht schädlich auf das Ungeborene ausgewirkt hat. Laut meiner Ärztin kann man die Mikrozephalie beim Baby auch frühestens ab der 21. Schwangerschaftswoche feststellen.

Für mich persönlich stellt sich die Frage grundsätzlich nicht - aber das muss jede Mama in ihrem Herzen und für sich und ihr Baby entscheiden.

Wie macht sich der Notstand im Alltag bemerkbar?

Ehrlich gesagt merkt man nicht allzu viel. Lediglich, dass jetzt vermehrt Pestizide auf den Straßen und in den Wohneinheiten versprüht werden. Aber wir haben ja auch gerade Hochsommer. Klar wird hier in Brasilien über das Zika-Virus auch in den Nachrichten berichtet, aber da herrscht sowieso Sensationsjournalismus, der meiner Meinung nach nicht den journalistischen Standards in Deutschland entspricht. Für diejenigen, die nicht schwanger sind, ist es ja auch relativ ungefährlich und ich glaube, von denen benutzen auch die wenigsten Mückenschutzmittel.

Wie gehen andere schwangere Frauen aus deinem Bekanntenkreis mit der Krise um?

Ich kenne ein paar schwangere Frauen. Aber wenn wir uns treffen, steht das Zika-Virus nicht im Vordergrund. Jede schützt sich, so gut es eben geht, und es überwiegt die Freude auf den Nachwuchs. Eine Freundin hat vor Kurzem ihr erstes Baby bekommen und das ist vollkommen gesund. Ich kenne bisher auch keine Frau, die ihren Kinderwunsch aufgrund des Virus nun hinten anstellt.

Findest du, dass die Regierung und Behörden richtig auf die Notlage reagieren?

Der Meinung bin ich nicht. Ich denke, es müsste viel schneller geklärt werden, was das Zika-Virus genau bedeutet und woher die Mikrozephalie kommt. Es scheinen alle zu forschen, aber keiner gibt die Ergebnisse bekannt oder sie liegen noch nicht vor. Das wundert mich, denn Brasilien weiß seit einer ganzen Weile von dem Virus und dessen Folgen und sollte für mehr Transparenz in der Bevölkerung sorgen. An guten Medizinern und Forschungseinrichtungen mangelt es hier eigentlich nicht.

Vielen Dank, Sophia, wir wünschen dir und deiner Familie alles Gute!

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