„Warum lebt ihr hier in Brasilien, wenn ihr in Deutschland leben könntet?“ Diese Frage bekomme ich häufig gestellt. Das ist auch verständlich und nachvollziehbar, wenn man Rio de Janeiro nicht nur als Millionenmetropole im Wohlstand, sondern auch als Entwicklungsland mit großer Armut kennt.

Doch wie genau sieht es in den Slums von Rio de Janeiro aus, die hierzulande „Favela“ genannt werden? Um das beurteilen zu können, bin ich tiefer eingetaucht in das Leben der Armen.

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Ein Leben auf dem Müllberg – das ist Jardim Gramacho

Zu einer der wohl ärmsten Favelas in Rio de Janeiro zählt „Jardim Gramacho“. Übersetzt bedeutet das so viel wie Garten von Gramacho, einem Bezirk am Rande der Millionenmetropole Rios. Bis vor Kurzem war dies die größte Mülldeponie der Stadt Rio. Bis zu 7.000 Tonnen Abfall, etwa 70 % des gesamten Abfalls der Großstadt Rios, erreichten täglich Jardim Gramacho. Zwischen all den Bergen, dem Dreck, dem Lärm und dem Gestank lebten seit der Gründung 1970 Arbeiter, Familien und Kinder. Insgesamt über 13.000 Menschen.

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Mit Beginn der Umweltkonferenz „Rio+ 20“ in 2012, wurde die Mülldeponie Jardim Gramacho geschlossen, um die größte Umweltsünde des Landes zu beseitigen. Ob dies allerdings eine Lösung war, weiß ich selbst nicht. Denn nun sind viele der mittlerweile in der Favela lebenden Arbeiter und ihre Familien arbeitslos. Kleine Geschäfte für den täglichen Bedarf wurden geschlossen.

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Sind Kinder in extremer Armut trotzdem glücklich?

Viele Familien der Favela leben auch nach der Schließung der Mülldeponie noch in extremer Armut und ohne Anschluss an Bildung, Gesundheit und Rechte. Offene Kanalisationen, mangelernährte Kinder, kein Anschluss an fließendes Wasser und riesige Abfallberge, in denen Schweine und Ratten ihre Nahrung finden. Das ist die Realität in Jardim Gramacho.

Das Leben in Jardim Gramacho bedeutet in den meisten Fällen, dass man in den Tag hinein lebt, ohne Aufgabe oder Chance dem zu entkommen. Nicht selten werden kleine Müllberge zum Spielplatz für Kinder. Schweine, Katzen, Hunde und Hühner sind wahlweise Spielgefährten oder Haustiere.

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Und dennoch habe ich neben all diesen Umständen in strahlende Gesichter geschaut. Große braune Augen und ein verschmitztes Lächeln über die weiße Frau. Solch eine Begeisterung habe ich selbst in Deutschland nicht immer erlebt. Die Favela Jardim Gramacho ist ein „ganz normaler Ort“ und die Kinder wachsen in einer Unbeschwertheit auf, ohne auch nur ansatzweise zu ahnen, was ihnen später für eine Zukunft bevorsteht.

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Toilette? Fehlanzeige!

Die Wohnsituation in der Favela gleicht einsturzgefährdeten Bretterverschlägen aus Holz, Pappe und Plastik. Sanitäre Einrichtungen: Fehlanzeige! Wasser gibt es auch keins, das muss im nahe gelegenen Brunnen geholt werden. Aber wer Rio und die Hitze kennt, weiß, dass auch Wasser hier manchmal knapp werden kann. Lediglich Strom gibt es hier und da ein wenig und mancher hat einen kleinen Gasofen im „Haus“. Die Matratzen zum Schlafen liegen auf dem Boden und mehr wird nicht benötigt.

Als ich das zum ersten Mal gesehen habe, verwandelten sich meine wenigen Portugiesisch-Kenntnisse abrupt in absolute Sprachlosigkeit. An diesem Tag hatte es noch dazu geregnet und der Boden glich einem einzigen See aus Matsch.

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Die Liebe: der Ausweg!

Was können wir tun, um diesen Menschen ohne jegliche Perspektive, mit einem fehlenden Selbstbild und in wahrlich schlechten Bedingungen zu helfen? Eins ist klar: An Hilfsgütern mangelt es in der Favela oft nicht. Kleidung und zeitweise auch Nahrung sind da, wenn auch nicht vielfältig und üppig. Aber vor allem nicht regelmäßig!

Es fehlt aber vorwiegend an Menschen, die sich Zeit nehmen, sich um einen Einzelnen zu kümmern und vielleicht sogar eine persönliche Beziehung aufzubauen. Gerade die Zeit und vor allem die Liebe ist, was fehlt. Bei meinem zweiten Besuch der Favela Jardim Gramacho, habe ich die Arbeit von Nadia und Pedro kennengelernt. Nadia kommt aus der Schweiz und Pedro, ihr Mann, aus Brasilien. Beide haben ein großes Herz und vor allem eine Menge Liebe für die Bewohner von Jardim Gramacho.

Helfende Hände: Nadia und Pedro

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„Ich arbeite seit über zwanzig Jahren in der Entwicklungshilfe. Dieses noch junge Projekt in Jardim Gramacho liegt mir sehr am Herzen. Wir konzentrieren uns auf Kinder und ihr Umfeld und arbeiten direkt mit ihnen um somit nah, effektiv, realistisch und langfristig helfen zu können. Mein Ziel ist es, dass die ärmsten Familien Anschluss an Bildung, Gesundheit, Arbeit, Kultur und Freizeit finden, um dadurch eine bessere Lebensqualität zu haben. Ich hoffe und bete, dass wir durch unser Projekt einen entscheidenden Beitrag leisten, um in dieser Favela Veränderung und Gerechtigkeit zu schaffen!“ Nadia Barbazza

Durch die Arbeit von Nadia und Pedro, kommen vor allem Frauen und Kinder zu den nötigen Vorsorgeterminen, erhalten wieder eine Perspektive und haben jemanden, der ihnen zuhört und sie bedingungslos liebt. Viele dieser Frauen haben schon im Teenageralter Kinder bekommen. Nadia und Pedro arbeiten in der Favela Jardim Gramacho an 3 wichtigen Grundrechten, die jedem zustehen sollten: das Recht auf Überleben, Entwicklung und Schutz!

Überleben in einer Favela

Nadia und Pedro bieten durch ihre Organisation Anschluss an Beratung und Betreuung von jungen (minderjährigen) Müttern. Kleine Wunden werden behandelt und eine minimale medizinische Betreuung wird geboten. Sie planen außerdem, täglich 40 Familien mit ausreichend Nahrungsmitteln zu versorgen.

Entwicklungsarbeit

Gemäß dem Grundsatz „Recht auf Entwicklung“, sollen 40 Kindern und Jugendlichen durch Nadia und Pedro der Zugang zu Bildung ermöglicht werden.

Schutz vor sexueller Ausbeutung

Ganz besonders liegt ihnen das Recht auf Schutz am Herzen. Schutz vor Ausbeutung, Gewalt, Missbrauch und Verwahrlosung. Denn das ist in Jardim Gramacho leider nicht selten zu finden. Der Anschluss an eine Drogenbande der Favela ist oft einfacher, als das Beenden der Schulausbildung. Nadia und Pedro informieren die Familien in persönlichen Gesprächen über ihre Rechte und bilden ebenso Brücken zu Institutionen.

Ihre Organisation wird in Zukunft eine Anlaufstelle sein, um Talente zu entdecken, zu fördern und jedem Einzelnen zu sagen: Du bist besonders, du bist geliebt und auch du kannst etwas schaffen!

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Armut und Betteln?

Bettelnde Kinder sind mir in der Favela übrigens nicht begegnet. Ich habe ausnahmslos in leuchtende Augen geschaut. Die Kinder wollten jemanden zum Spielen und ich wurde schnell zu ihrer „Tante“. Diese Kinder waren so unglaublich glücklich für die Zeit, die wir für sie genommen haben. Eine Umarmung, ein Küsschen, das Spielen auf dem Spielplatz und die Zeit – das ist was zählt.

Wie du helfen kannst:

Ein Ausflug in die Favela ist vermutlich schwer, aber du kannst eine große Hilfe für die Arbeit von Nadia und Pedro sein, und zwar in finanzieller Hinsicht! Momentan sind sie auf der Suche nach einem festen Ort, einer Art Haus. Damit wollen sie eine permanente Anlaufstelle für die Bewohner sein und kreative sowie hilfreiche Kurse geben. Vielleicht entdecken die Bewohner ihr Talent für abstrakte Kunst oder ein anderes Handwerk. Um das zu realisieren, benötigen sie neben einer Menge helfender Hände, natürlich auch die finanziellen Ressourcen.

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Wenn du Nadia und Pedro unterstützen möchtest, überweise einen Betrag, der dir auf dem Herzen liegt, auf folgendes Konto:

Bankinstitut: Raiffeisenbank Möhlin
Begünstigter: JOCUM
SWIFT Code: RAIFCH22706
IBAN: CH44 8070 6000 0551 0283 7
Verwendungszweck: Spende Jardim Gramacho SPL

Wenn du Fragen hast, oder eine Quittung wünschst, schicke uns eine E-Mail an contact@style-pray-love.com. Wir stellen gerne einen Kontakt zu Nadia und Pedro her und informieren dich über die Entwicklung ihres Projektes in Jardim Gramacho.