Nach 1,5 Jahren Rio de Janeiro blicke ich auf eine aufregende aber auch spannende Zeit zurück. So viel Neues gab es zu entdecken, zu lernen und zu erleben. Aber bei all dem wunderschönen Leben am Strand, der Sonne und den lieben Menschen, gab es auch Momente, in denen ich meine Heimat vermisst habe und sie mir bis jetzt noch fehlt.
Ein Leben im Ausland – was vermisse ich wirklich?
Daher wird es Zeit, einmal zurückzublicken. In diesem Blogpost offenbare ich euch meine größten Sehnsüchte und Wünsche, eben alles, was ich wirklich richtig vermisse. Aber es gibt immer einen Weg etwas zu ändern und vor allem bleibt die Zuversicht und das Vertrauen in Gott, dass wir beschützt sind wo auch immer wir uns gerade befinden.
1. Die Liebsten: Familie und Freunde
Das war mir leider schon vor meiner Abreise bewusst, dass ich meine Familie und meine Freunde sehr vermissen werde. Ich liebe meine Familie und verbringe wirklich gerne Zeit mit ihnen. Und so gut die Technik mittlerweile auch sein mag, ein Videoanruf lässt nicht wirklich spüren, wie es dem anderen geht, und lässt auch keine Umarmung zu. Stattdessen teilt man sich mit, was man die letzte Woche erlebt hat und es ist wie ein Tagebuch zweier verschiedener Welten, in denen man lebt. Oft ist die Zeit auch viel zu kurz, um wirklich zu fragen, was dem anderen gerade auf dem Herzen liegt. Aber so oft und so gut es geht, versuche ich diese Zeiten nachzuholen in der Hoffnung, nichts zu verpassen oder zu vergessen.
2. Der Genuss: Schwarzbrot
Jeder Brasilien-Urlauber schwärmt vom landestypischen Essen, dem guten Fleisch, den frisch gepressten Säften und allerlei anderen Leckereien. Beim Saft kann ich noch zustimmen, die anderen Spezialitäten sind nicht unbedingt mein Geschmack, aber ich esse sie trotzdem. Daher versuche ich, lieber selbst zu kochen.. Dennoch sind da ein paar Produkte und Zutaten, die es hier wirklich gar nicht gibt und die mir wirklich sehr fehlen.
Das Schwarzbrot, ja wie vermisse ich das gute knusprige deutsche Brot frisch aus dem Ofen vom Bäcker. Das ist hier leider nirgends vorhanden. Selbst auf meiner Reise in den Süden Brasiliens habe ich nur sehr wenige Schwarzbrot-Typen entdeckt, die dann auch eher süßlich schmecken. Ich glaube, es liegt am Sauerteig, den es hier nicht gibt. Naja, jetzt backe ich mein Brot selbst, was mal mehr und mal weniger gut gelingt.
Aber interessanterweise habe ich eine Laugenbrezel gefunden, die direkt aus Deutschland eingeflogen wurde und auch wirklich genau so geschmeckt hat. Hier gibt es die auch in süß mit Schokolade, Smarties oder Zimt und Zucker. Hm, lecker 🙂
Der Quark und andere Milchprodukte. Ja, richtig gelesen, Quark gibt es hier auch nicht. Stattdessen setzen die Brasilianer auf gefühlte 1.000 Schmelzkäse-Varianten. Kartoffeln und Quark bzw. Quarkkuchen sind somit auch nicht möglich. Und die Käseauswahl ist hier auch sehr begrenzt. Da kann ich nur in meinen Erinnerungen an all die vielen Schweizer Käsevarianten schwelgen. Auch meinen geliebten Fetakäse gibt es hier nur aus Deutschland importiert in einem einzigen Supermarkt zu völlig überteuerten Preisen. Aber egal, den gönne ich mir trotzdem hin und wieder.
3. Die Ordnung: Termine, Regeln und der Straßenverkehr
Jetzt kommt die deutsche Seite in mir hervor 😉 #ichhabedichgewarnt
Aber ganz neutral betrachtet ist Brasilien leider das Gegenteil von Ordnung und Organisation. Ich sage nicht, dass sich hier alles ändern muss. Aber beim Auswandern sollte man auf alles gefasst sein und sich den jeweiligen landestypischen Gewohnheiten anpassen. Rio de Janeiro ist leider sehr chaotisch was den Verkehr und so manche bürokratischen Abläufe anbelangt. Das heißt, ich habe mich an lange Wartezeiten gewöhnt und auch daran, hier keine Termine mehr zu vereinbaren bzw. grundsätzlich bei jedem Termin +/- eine Stunde einzuplanen. Doch wenn man Essen kocht und die Gäste dann über eine Stunde später auftauchen oder man stehend an einer Haltestelle wartet, wird es ein wenig kompliziert.
Die Lösung: Lass dich nicht aus der Ruhe bringen und mache diese Situation zu deinem Freund. Ich setze mich dann oft in ein Café und warte auf das Zeichen „ich bin jetzt da“. Und im Stau helfen nur gute Musik oder nette Beifahrer 🙂
4. Die Freiheit: Rio de Janeiro – der goldene Käfig
Natürlich sind wir frei und haben das Privileg in einer Zeit aufzuwachsen, in der wir sehr behütet wurden. Und obwohl jedes Land mit seinen Problemchen zu kämpfen hat, geht es uns gut und es mangelt uns an nichts. Doch wenn ich Brasilien manchmal mit Deutschland vergleiche, komme ich zu dem Ergebnis, dass ich hier weniger „frei“ bin als in meiner Heimat.
Vielleicht liegt es an der anderen Kultur, vielleicht aber auch an der Tatsache keine unbekannten Plätze zu erkunden. Das habe ich früher gerne mal getan. Doch in Brasilien ist man da ein wenig vorsichtiger, wenn es darum geht, die eigene Hausgemeinschaft zu verlassen. Mal abgesehen von dem schlechten Netz an öffentlichen Verkehrsmitteln, ist selbst die Autofahrt kein Erlebnis bei stundenlangen Staus. Also doch lieber zum Strand? Ja, oder ich informiere mich vorher genau über die Plätze oder Restaurants, die ich gerne besuchen will, und steuere diese gezielt an.
5. Der Ruhetag: Sonntag zum Familienausflug
Das ist ebenfalls ein großer kultureller Unterschied. Während in Deutschland am Sonntag alle Läden geschlossen bleiben und Jacqueline mit ihrem Mann und den Kids beispielsweise an der Isar spazieren geht, tummeln sich die Brasilianer (ich eingeschlossen) in überfüllten Einkaufszentren. Gut, das habe ich mittlerweile minimiert, da ich selbst kein Fan von diesen riesigen Einkaufsmeilen bin, es sei denn, ich muss wirklich etwas einkaufen.
Für viele Brasilianer ist der Treff im Einkaufszentrum oder in einem der vollen Restaurants jedoch das Highlight am Wochenende. Und da muss auch die gesamte Familie mit, inklusive der Kinder, die dann die Sofas der Shops zu ihren Spielplätzen machen. Also habe ich beschlossen, den Sonntag ruhig anzugehen und lieber am Strand, Pool oder in einem der Parks ausklingen zu lassen.
Wenn du auch gerade im Ausland lebst und mit Heimweh zu kämpfen hast, dann lies mal meinen Beitrag zum Thema: „So vermeide ich Heimweh“. Ich hoffe, das hilft dir ein wenig.